TopTurniere GRENKE Chess Open & Chess Classic 2019 Einer gegen Alle - Alle gegen Einen - Einmalige Bildreportage aus Karlsruhe von Chess Tiger Dariusz Gorzinski
15.05.2019 - So könnte die Überschrift der diesjährigen Grenke Chess Classic lauten und zwar in zweierlei Hinsicht. Einmal bezogen auf den Weltmeister Magnus Carlsen, der nach seiner Verteidigung der WM Krone 2018 die Schachwelt souverän dominiert. Nach dem Turniersieg in Wijk aan Zee 2019 (9/13 und +5) lag auch der Sieg beim Gashimov Memorial in Shamkir (7/9 mit +5) Anfang April 2019 auf seinem Weg nach Karlsruhe. Wird Carlsen gejagt oder prügelt Magnus wieder die anderen?
Der Andere auf dem die Überschrift zutreffen könnte ist Vincent Keymer. Fast ein ganzes Jahr lang war man sehr gespannt wie die Entscheidung des letztjährigen Grenke Chess Open Siegers und Chess Tigers, Vincent, fallen würde. Wird er sein Recht bei den Grenke Chess Classic dabei zu sein wahrnehmen oder doch die Teilnahme auf einen späteren Zeitpunkt verschieben? Die Entscheidung fiel auf „Teilnahme“ und den nächsten Schritt in der eigenen Schachentwicklung anzugehen. Damit war es klar, dass es ein nicht einfacher Schritt sein wird. Die Grenke Chess Classic 2019 standen also besonders im Focus der Öffentlichkeit und es war ebenfalls klar, dass die anderen Altmeister Vincent nichts schenken werden.
Die Grenke Chess Classic und das Grenke Chess Open finden bereits seit ein Paar Jahren über die Ostertage in Karlsruhe, in der Schwarzwaldhalle, statt. Das Open 2019 begann am Gründonnerstagabend (18.04.2019) und endete am Ostermontag (22.04.2019). Es gehört mit 1992 also fast 2000 Teilnehmern zum größten Schachturnier in Europa. Die Classic startete als Einladungsturnier (10 Teilnehmer) am Ostersamstag (20.04.2019) und endeten am 29.04.2019 in Baden Baden, wo die zweite Turnierhälfte ausgetragen wurde.
Die nachfolgenden Impressionen des Osterwochenendes in Karlsruhe sollen ein wenig den Festival Charakter der Classics und des Opens wiedergeben und dem Leser Appetit auf Grenke Chess 2020 machen.
Impressionen von Karlsruhe 18.-22.04.2019 von Dariusz Gorzinski (Chess Tigers)
Die Spielstätte der Classic und des Opens, die Karlsruher Schwarzwaldhalle, liegt nur einen Tigersprung vom Training Center in Bad Soden entfernt.
Direkt neben der Schwarzwaldhalle befindet sich das Spielerhotel.
Es gibt nur einen Weg und auch nur einen Eingang den alle gehen müssen. Sehr erfreulich für Fans und Autogrammjäger. Hier Magnus in Begleitung mit seinem Vater auf dem Weg zur Auslosung.
Magnus Carlsen ist gespannt auf die Auslosung, die vor Turnierbeginn am Gründonnerstag stattfand. Im Hintergrund Peter Swidler.
Magnus zog die schwarze 6. Links Turnierdirektor Sven Noppes.
Als Vincent die weiße 5 zog, wußten die Insider bereits was dies bedeutete. Die erste Partie von Vincent war terminiert für den Ostersamstag mit Weiß gegen Magnus Calsen. Aber nicht nur das, am Ostersonntag dann mit Schwarz gegen Viswanathan Anand. Und immer noch nicht genug, am Ostermontag dann mit Weiß gegen Fabiano Caruana. Die Handlung erinnert an die Geschichte des jungen D‘Artagnon, der auszog Musketier des Königs zu werden und sich direkt zu Beginn seiner Ankunft als Grünschnabel mit den drei besten Musketiere des Königs duellierte. Daher auch etwas abgewandelt die Überschrift: „Einer gegen Alle, Alle gegen Einen“
Man konnte also gespannt sein auf den Beginn der Classic am Ostersamstag.
Turniersaal. Für die Teilnehmer hervorragende Spielbedingungen in Karlsruhe.
Als Amateur im gleichen Saal wie die Profis spielen und mit Hilfe der großen Leinwand auch nichts verpassen, eine tolle Atmosphäre mit Festival Charakter.
Das Open startete direkt mit der ersten Runde bereits nach der Auslosung der Classic am Gründonnerstag. Angetreten waren 1992 Teilnehmer im Open, darunter 55 GMs, die in 9 Runden den Sieger ausspielten. Am Ende landeten 8 Spieler mit 7,5 Punkten gleichauf an der Spitze.
Allerdings gewonnen hat das Grenke Chess Open 2019 wegen der besseren Buchholzzahl GM Daniel Fridmann. Neben dem Preisgeld von 13.094 Euro und dem Pokal, erwarb Daniel das Recht an den Grenke Chess Classic 2020 teilzunehmen. Herzlichen Glückwunsch und auf Wiedersehen im nächsten Jahr !! Zweiter wurde GM Anton Korobov vor GM Andreas Heimann.
Mit 7,5 Punkte und 56,5 Buchholz, Turniersieger Daniel Fridman, als Nr.8 gesetzt, in der 5.Runde Remis gegen Gukesh D.
Mit 7,5 Punkte und 55,5 Bucholz, der Zweiplatzierte GM Anton Korobov.
Geiteilter 4.Platz (7,5 Punkte und 54,5 Buchholz) für den erst 13-jährigen Gukesh aus Indien, zweitjüngster GM nach Sergei Karjakin.
GM Jorden van Foreest, Teilnehmer der Master Gruppe in Wijk aan Zee 2019, 7,0 Punkte, Platz 16.
GM Rasmus Swane, 7,0 Punkte, Platz 17.
GM Gata Kamsky, mit 6,5 Punkte Platz 40.
Wie schwer das Open zu spielen ist, zeigt diese Schlußstellung aus der Erstrunden-Partie Benno Zahn (2133) - GM Andrey Sumets (2588). Nach ... Tae7, zog Weiß TxLf8 und Aufgabe von Schwarz. Damit war das Turnier für Andrey nicht mehr zu gewinnen, holte aber noch 7,0 Punkte und Platz 30. Weitere Ergebnisse und Bilder des Opens auf https://grenkechessopen.de/de/
CLASSICS Gespannt war man also auf den Ostersamstag, den Start der Grenke Chess Classic. Die Classic lockten den Einen und Anderen aus der Schachszene nach Karlsruhe.
IM Merijn van Delft (spielte das Open mit), Joeren van den Berg (Turnierdirektor von Wijk aan Zee) und Bundesnachwuchstrainer Bernd Vökler im Smaltalk vor der Schwarzwaldhalle. Joeren nutzte am Osterwochenende die Gelegenheit erste Gespräche mit Spielern zu führen um sie nach Wijk aan Zee 2020 einzuladen.
Auch der FIDE Präsident Arkady Dvorkovic ließ es sich nicht nehmen in Karlsruhe vorbeizuschauen. Turniermitorganisator Hans-Walter Schmitt und Peter Swidler verkürztem ihm die Wartezeit bis zum Beginn der Classic.
Wer sagt es denn, um die Ecke „gucken“ geht nicht?! Es geht doch! Man muß nur wissen wie.
Hinter den Kulissen führte der FIDE Präsident ebenfalls Gespräche mit den Spielern, wie in dem Fall mit Fabiano Caruana.
Ob es dabei um die neuen Regeln der Weltmeisterschaften ging, die kurz nach Ostern von der FIDE veröffentlicht wurden, ist nur zu erraten.
Hier FIDE Präsident Dvorkovic im Interviev mit Eric van Reem, der für den Bereich Social Media der Grenke Chess Classic aktiv war.
Endlich war es soweit, 20.04.2019 Ostersamstag, Vincent Keymer mit Weiß gegen Magnus Carlsen.
Wird es ein Kampf auf Augenhöhe wie die beiden Grenke Springer es assoziieren?
Man spürt die Spannung. Entstanden ist eine Benoni-ähnliche Struktur.
Die Stellung scheint Magnus nicht besonders zu interessieren, Psychoterror ist angesagt.
Vishi und Fabiano lauern schon auf Vincent.
Das Bild ist aber eine Detailansicht von Magnus wert.
Wow, was für ein arktischer Blick, „Wolf Carlsen“ Blick und Bart erinnern an die Hauptfigur, den Kapitän der Ghost Wolf Larsen, aus dem Roman von Jack London „Der Seewolf“, der eine rohe Kartoffel in der Hand zerdrücken konnte.
Sehr gut, Vincent nimmt den Kampf auf. Der Blick nicht ganz so arktisch wie beim Magnus. Die Partie bleibt lange spannend und fordert alles von Magnus ab.
Wirklich alles abverlangt, oder amüsiert den „Wolf“ Carlsen im stillen die Situation wie der junge Vincent rackert und sich von Zeitnot zu Zeitnot hangelt.
Es war die längste Partie am Abend bei den Classic!!
Am Ende doch kein Kampf auf Augenhöhe. Allerdings richtet sich nicht nur Vincents Blick nach oben. Eine tolle Partie gegen den Weltmeister, die Vincent gezeigt hat. Gut gemacht!
Einer der anderen Musketiere, die lauerten, war am Ostersonntag der 15.Weltmeister Viswanathan Anand.
Im offenen Sizilianer stand Vincent mit Schwarz direkt nach der Eröffnung leicht unter Druck. Diesen wußte Vishy peau a peau zu verstärken und die Partie schließlich für sich zu entscheiden.
Am Ostermontag stand mit Fabiano Caruana der dritte der dicken Brocken vor Vincents Brust. Vincent hatte Weiß und in einer bogo-indischen Struktur eine sehr gut spielbare Stellung erhalten, ehe in der Partie vor der ersten Zeitkontrolle eine Ungenauigkeit Vincent unterlief und die Partie zugunsten des letztjährigen WM Herausforderers kippte.
Die drei Musketiere (Maggi, Vishi, Fabi) waren noch zu schwer an diesem Osterwochenende für Vince!
Im weiteren Verlauf des Turniers erspielte sich Vincent aber noch einen Sieg gegen Georg Meier und jeweils ein Remis gegen Levon Aronian und Peter Svidler, insgesamt 2 aus 9 Punkten. Am Ende landete er zusammen mit Georg Meier am Schlusslicht der Tabelle.
Für den erst 14 Jahre jungen Vincent ist das Turnier zufriedenstellend verlaufen. Seine Spielanlage zeigte, daß sie bereits mit den Besten gut mithalten kann. Für die 2800er reicht es zwar noch nicht ganz, aber vor den 2700ern braucht Vincent sich nicht zu verstecken. Man darf also gespannt sein, wie sich die Erfahrung der Ostertage 2019 auf die weitere Entwicklung ausprägen wird. Es ist ein harter Weg den Vincent gehen muß, um ebenfalls ein Musketier zu werden. Die anderen lauern schon und irgendwie erweckt sich der Eindruck, daß das folgende Motto gilt
„Alle gegen Einen“!
Hier heißt es wohl eher „Einer gegen Alle“. Momentan die Zugmaschine nicht nur der Grenke Classic 2019 sondern des Schachs allgemein.
Am Brett konzentriert und willensstark.
In der zweiten Runde dann ein weiterer Beweis für die Härte des Magnus „Wolf“ Carlsen. Wieder in der längsten Partie des Tages, nur noch mit Turm und Läufer gegen Läufer und Springer, alle Kommentatoren vor Ort winkten bereits zum Remis ab, sah Magnus noch Motive die Partie zu gewinnen und quetschte alles aus der Stellung heraus was noch irgendwie möglich war. Ergebnis: +2 nach 2 Runden. Eine be“eindrückende“ Vorstellung des Weltmeisters.Ebenfalls beeindruckend seine 4 Siege hintereinander in den letzten vier Runden in Baden Baden, die insgesamt mit 7,5/9 und +6 den dritten Turniersieg nach Wijk aan Zee und Shamkir bedeuteten. 1,5 Punkte Vorsprung vor dem Zweitplatziertem bei nur 9 Runden!! Herzlichen Glückwunsch für diese Top Leistung!!
In der dritten Runde am Ostermontag kam es dann zum Kampf „Wolf“ gegen den Chess-„Tiger“ Viswanathan Anand (Schwarz). Ein Kampf der Weltmeister Nr.15 und Nr.16. Vishy stand ab dem frühen Mittelspiel bereits leicht unter Druck und mußte sich zäh verteidigen.
Magnus versuchte alles, aber Vishy hatte immer eine passable Lösung parat. Am Ende Remis
Vishy befand sich mit 3,5/5 Punkten zur Halbzeit mit an der Spitze der Tabelle. Zwei Niederlagen hintereinander gegen Arkadij Naiditsch und Georg Meier direkt nach dem Umzug nach Baden Baden brachten ihn aber aus dem Tritt. Am Ende waren es 4.5 aus 9 und Platz 5 für den Tiger.
Mit 6,0/9 und +3 belegte der Vorjahres Sieger Fabiano Caruana den 2. Platz der Grenke Classic 2019.
Dank seines Sieges in der 6. Runde gegen Anand, belegte Arkadij den 3. Platz mit 5/9 und +1
Eine Leistung, die Arkadij sicher zufriedenstellen wird.
So lala und lautlos ist dagegen der 4.Platz mit ebenfalls 5/9 und +1 für Maxime Vachier-Lagrave zu bewerten.
Maxime dürfte das Turnier schnell abgehakt haben.
Ebenfalls das Turnier schnell abhaken, aber seinen Erwartungen entsprechend spielte Peter Swidler. Platz 6 mit 4,5/9.
Der Sieger von 2017 Levon Aronian belegte am Ende Platz 7 mit 4,5 aus 9.
Levon hatte man eher weiter oben erwartet.
Mit seinem Sieg in der letzten Runde gegen Vincent Keymer belegte Francisco Vallejo-Pons mit 4,0/9 Platz 8.
Georg Meier holte 2,0 Punkte aus 9 und bildete zusammen mit Vincent Keymer am Ende das Schlußlicht.
Mit dem Turnierverlauf und der Organisation konnte der Turnierorganisator Sven Noppes sicherlich zufrieden sein. Ob er gerade in diesem Moment die Medienquoten zufriedenstellend studiert oder nur ein Ostergruß erhalten hat wird sein Geheimnis bleiben.
Auf Wiedersehen beim Grenke Chess in Karlsruhe Ostern 2020!! Vielen Dank den Turnierorganisatoren und allen Helfern für die tolle und professionelle Arbeit in Karlsruhe.